Die "Hergottssoldaten" aus Bad Peterstal

Die Entstehung und Gründung der Bürgermiliz Bad Peterstal ist wohl auf die unruhigen und schlechten Zeiten der vergangenen Jahrhunderte, in welche Zeit auch die Entstehung anderer Bürgerwehren und Milizen fällt, zurück zufuhren. Die weit um sich greifende Verwilderung und Unsicherheit als Folgeerscheinung des Raubritterwesens machte sich auch in unserem Gebiet mit den zerstreut liegenden Gehöften in erschreckender Weise bemerkbar. Diese Verhältnisse verschlimmerten sich noch durch den Dreißigjährigen Krieg, in dem die kämpfenden Heere unsere Gegend schwer heimsuchten. Auch zur Zeit der französischen Revolution kamen zweifelhafte Elemente über die nahegelegene Grenze in unser waldreiches Gebiet, fanden Unterschlupf und verunsicherten das ganze Tal. So ist es zu verstehen, dass die Bürger, gezwungen waren zum Selbstschutz zu greifen in dem sie die Bürgermiliz gründeten um für Ruhe und Ordnung selbst zu sorgen.

© Bürgerwehr Bad Peterstal

Kontakt zur Bürgermiliz Bad Peterstal

Hauptmann Alois Huber
Kommandant
Adresse
Hinterberg 3, 77740 Bad Peterstal

Historie

Dass in den Kriegszeiten die Milizen aufgelöst wurden, ist selbstverständlich. In den Revolutionsjahren 1848/49 wurde auch die Bürgermiliz Bad Peterstal entwaffnet. Ein Auflösungsgebot wurde jedoch nicht verhängt, aber an ein Ausrücken war mangels Waffen nicht zu denken. Erst im Jahr 1860 wurde einem Gesuch an das Großherzogliche Bezirksamt in Oberkirch um Reaktivierung entsprochen. Die Genehmigung zum Wiederaufbau war darauf zurückzuführen, dass die Miliz zu den fünf Wehren gehörte, die wegen ihrer verfassungstreuen Haltung in den Revolutionsjahren bestehen bleiben durfte. Ihre Verfassungstreue bekam die Peterstaler Miliz auch dadurch gedankt, dass ihr der Großherzog Friedrich im Jahr 1861 eine Fahne verlieh auf der als Gründungsjahr 1796 angegeben war. Diese Fahne wurde bis zum Jahr 1953 getragen.

Die Bekleidung der Bürgermiliz besteht aus einer Trachtenuniform, die der der Renchtalbauern des 17. Jahrhundert entspricht. Als Kopfbedeckung dient ein runder Triller aus schwarzem Filz, der an der rechten Seite hochgeschlagen, mit einer Rosette aus farbigen Glasperlen und einem Federbusch -an dem die Rangordnung der Milizsoldaten ersichtlich ist- versehen ist. Der lange schwarze Rock ist innen mit rotem Tuch gefüttert. Die Rockschösse sind unten umgeschlagen und zusammengenäht. Die Weste besteht aus rotem Tuch mit goldfarbenen Knöpfen. Die Hose ist eine Kniebundhose aus schwarzem Tuch an deren Latz Verzierungen eingenäht sind. Die Fußbekleidung besteht aus weißen handgestrickte Baumwollstrümpfe mit eingestrickten Motiven. Hierzu werden schwarze Schnürhalbschuhe getragen.

Als Bewaffnung besaß die Miliz bis zum 2. Weltkrieg Gewehre des Linienbataillons der alten freien deutschen Reichs- und Krönungsstadt Frankfurt. Nach der Entwaffnung im 2. Weltkrieg wurden bei der Wiedergründung unter dem damaligen Kommandanten Leopold Roth, Perkussionsgewehre die teilweise aus Beständen des Wehrgeschichtlichen Museums in Rastatt stammten verwendet. In den Jahren 1975/76 wurden diese als Leihgaben gegebenen Gewehre zurückgefordert. Die Bürgermiliz sah sich deshalb gezwungen, 1975 die Ausrüstung durch 50 Perkussions - Vorderladergewehre " Zouave Rifle Mod. 1863 ", Lauflänge 84 cm, zu ersetzen. Mit diesen Gewehren wird  regelmäßig, bei gegebenen Anlässen, Salut geschossen.

Die Chronik der Bürgermiliz ist reich an festlichen Ereignissen. In das Jahr 1871 fiel der Besuch des Zaren Alexander II. von Russland. Der damalige Hauptmann Braun wurde bestimmt, die Zarin auf allen Wanderungen in der Umgebung zu begleiten. Im Jahr 1876 paradierte die Miliz vor dem damaligen Kurhaus Bad Peterstal, während des dortigen Aufenthalts Kaiser Wilhelm 1. mit Gemahlin, des Kronprinzen Friedrich und der großherzoglichen Familie. Anlässlich seines Besuches des Peter- und Paulsfestes am 03. Juli 1982 wurde Herr Lothar Späth, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg zum Ehrenoffizier der Bürgermiliz Bad Peterstal ernannt.

Im heutigen Volksmund werden die Milizsoldaten als "Hergottssoldaten" bezeichnet und umrahmen insbesondere die kirchlichen Feste. So nimmt die Bürgermiliz bestehend aus dem Spielmannszug mit 20 Mann, der Milizkapelle mit 38 Mann und den beiden Gewehrzügen einschl. Fahnenabordnung mit 50 Mann an den kirchlichen Prozessionen an Fronleichnam und an Peter- und Paul, dem Kirchenpatrozinium, teil. Bei diesen Prozessionen befindet sich der Pfarrer mit dem Allerheiligsten zwischen dem I. und II. Zug. Ein weiterer Auftritt findet zu Ehren der im Ort weilenden Kurgäste alljährlich im August zum "Großen Zapfenstreich" statt. Am jeweiligen Sonntag nach dem Peter- und Paulstag -29.06. - feiert die Bürgermiliz seit dem Jahre 1973 das Peter- und Paulsfest als großes Heimatfest.